English


marwedel/blonk/vorfeld


Kritik (16Vor, Trier, Festival "Opening 13", 1. Februar 2013:

“Da steckt Musik drin”, könnte man das Motto des Konzertes “Improvisierte Musik mit Glühlampen, Stimme und erweitertem Saxophon” beschreiben. Jaap Blonk (Stimme), Dirk Marwedel (erweitertes Saxophon) und Michael Vorfeld (Glühlampen) möchten mit ihrer Darbietung zeigen, wann und wie aus alltäglichen Lauten und Geräuschen Musik wird. Es ist faszinierend und verstörend zugleich. Böte Blonk seinen mimikreichen Stimmenvortrag vor einem beliebigen Publikum, dächten nicht wenige Zuhörer, er habe nicht mehr alle fünf Zwetschgen beisammen. Der niederländische Vokalist erzeugt auf vielfältige Weise Geräusche und Laute mit seinem Sprachapparat wie Hauchen, Schnalzen, Fauchen, Gurgeln, die sich mit entsprechend verdichtender Begleitung zu einem erregten Fantasiesprachemonolog steigern und dann wieder abklingen.
Beeindruckend ist die Art der Begleitung. Während Dirk Marwedels “erweitertes Saxophon” bis zu einfachen Schläuchen reicht, erzeugt Michael Vorfeld mit dem Sirren und Surren beleuchteter Glühbirnen knisternde Klanggewebe und satte Rhythmen.




Dirk Marwedel (Wiesbaden, D) – Erweitertes Saxophon
Jaap Blonk (Arnhem, NL) - Stimme
Michael Vorfeld (Berlin, D) – Glühlampen


Audio-Fragment


Seit langem arbeiten Jaap Blonk, Dirk Marwedel und Michael Vorfeld mit Vorliebe über Grenzen künstlerischer Disziplinen und Materialien hinweg. Sie holen musikalisch aus, um auf dem Gelände der Performance einzuschlagen, destillieren feine Klanggewebe aus einer Lichtinstallation, entfalten das musikalische Potential von Steinen und Alltagsgegenständen oder komprimieren Sprache zu einem explosiven Granulat der Phoneme.
Ihre jeweiligen Instrumentarien sind so eigen und elaboriert, dass schon in visueller Hinsicht keine Wünsche offen bleiben. Für das Ohr fördern sie damit Klänge zutage, deren Schönheit allgegenwärtig und zutiefst verborgen zugleich ist.
Höchste Zeit also, dass sie sich nun zusammengetan haben, um gemeinsam und jenseits aller trockenen Theorie musikalische Grundlagenforschung zu betreiben.

„Ein großer Teil unserer Aufmerksamkeit gilt dem, was in der Regel kaum wahrgenommen oder – weil unerwünscht – so gut es geht ausgeblendet oder vermieden wird: etwa die Rhythmen und Motivbildungen des Stromflusses bei der Erzeugung von Licht, die komplexen Klangschichtungen der durch Schläuche und Röhren strömenden Luft, die Dynamik der Reibungen, Schwingungen und Eruptionen menschlicher Lautbildung.
Wir suchen also nicht so sehr nach schon definierten Ergebnissen auf der Benutzeroberfläche dieser Prozesse, sondern eher nach der Musik ihrer Betriebssysteme. Das Leuchten der Lampe, der sauber gespielte Ton oder der verständliche Laut sind eher die Begleiterscheinung, die auch vorkommt. Interessanter für uns ist aber, wie und wodurch es dazu kommt und was auf diesem Weg noch alles zu entdecken ist.





Kontakt: Dirk Marwedel, Am Jägerhof 10, 65203 Wiesbaden, Tel.: + 49 – (0)611/590498, e-mail: dm.9@freenet.de


Jaap Blonk (* 1953) – Stimme

Jaap Blonk ist Komponist, Dichter, Klangpoet und Performer. Er studierte zunächst Physik, Mathematik und Musikwissenschaft, brach diese Ausbildung später jedoch ab. In den späten 70er Jahren begann er, Saxophon zu spielen und zu komponieren. Wenige Jahre später entdeckte er sein stimmliches Potential, zunächst beim Rezitieren von Gedichten, dann beim Improvisieren und bei der Aufführung eigener Vokalkompositionen. Fast zwanzig Jahre lang blieb die Stimme sein Hauptmittel beim Entdecken und Erforschen neuer Klänge. Um das Jahr 2000 begann Blonk auch Elektronik in seine Arbeit mit einzubeziehen. Neben Samples seiner Stimme verwendete er zunehmend dabei auch synthetisch erzeugte Klänge. 2006 zog er sich für ein Jahr von der Bühne zurück. In dieser Zeit erwachte sein Interesse für die Mathematik wieder und er begann mit der Erforschung der Möglichkeiten algorithmischer Komposition für die Schöpfung von Musik, visueller Animation und Poesie.
Auftritte führten Jaap Blonk durch Europa, die USA, Kanada, Indonesien, Japan, Südafrika und Lateinamerika. Neben seinen Soloperformances arbeitete er mit verschiedensten Musikern und Ensembles aus dem Bereich zeitgenössischer und improvisierter Musik wie u.a. Maja Ratkje, Mats Gustafsson, Nicolas Collins, Joan La Barbara, The Ex, dem Netherlands Wind Ensemble und der Ebony Band. Blonk brachte verschiedene Stücke der Komponistin Carola Bauckholt zur Uraufführung, darunter auch eines für Stimme und Orchester. 2002 schrieb er eine Auftragsarbeit für die Donaueschinger Musiktage. Mehrfach arbeitete er mit dem Bild-und-Computerkünstler Golan Levin. Zu Blonks Schaffen für Radio und Fernsehen gehören mehrere Auftragsarbeiten im Hörspielbereich. Von seinen Partituren stellt er großformatige Zeichnungen her, die er in Ausstellungen zeigt. Er war Gründer und Leiter der Bands Splinks (modern jazz, 1983-1999) und BRAAXTAAL (avant-rock, 1987-2005). Seine Musik ist auf bislang 15 CDs bei seinem eigenen CD-Label Kontrans erschienen, andere Aufnahmen finden sich bei Labels Staalplaat, Basta und VICTO.


Dirk Marwedel (* 1959) – Erweitertes Saxophon

Dirk Marwedel arbeitet seit 1985 im Bereich der Improvisierten Musik und angrenzender musikalischer Konzepte. Solistisch sowie in einer Vielzahl von Gruppen hat er Tonbildungstechniken und instrumentale Präparationen entwickelt, mit denen er das bisherige Vokabular des Saxophons und die Grenzen gängiger Begriffe von Musik überschreitet. Mit der Arbeit auf Schiefertafeln (TonSchiefer) und Skulpturenbespielungen untersucht und entfaltet der auch als Steinbildhauer ausgebildete Dirk Marwedel die Wechselwirkung von Material und Klang. Darüberhinaus initiiert er mit Mitteln der Klanginstallation, Performance, bildnerischen Installation und Dokumentation Wahrnehmungsräume, die das alltägliche Unbewusstsein irritieren und aus den vertrauten Bahnen und Bewertungen heraus in den gegenwärtigen Moment katapultieren.
Dirk Marwedel ist bei Konzerten in Europa und Kanada u. a. mit Burkhard Beins, Carl Ludwig Hübsch, Fine Kwiatkowski, Paul Hubweber, Markus Eichenberger, Erhard Hirt, Charlotte Hug, Philip Zoubek, Tiziana Bertoncini und Olivier Toulemonde aufgetreten. Er lebt in Wiesbaden, ist dort Mitbegründer und -veranstalter des HumaNoise congress – Tage Improvisierter Musik und Mitglied der Künstlergruppe Stromkilometer 504. Seine musikalische Arbeit ist auf bisher neun Tonträgern erschienen.


Michael Vorfeld (* 1956) – Glühlampen

Michael Vorfeld ist Musiker und bildender Künstler, spielt Perkussion und selbst entworfene Saiteninstrumente und realisiert elektro-akustische Klangarbeiten. Er ist aktiv in den Bereichen experimentelle Musik, improvisierte Musik und Klangkunst. Michael Vorfeld entwickelt ortsbezogene Installationen und Performances mit Licht und arbeitet mit Fotografie und Film. Er ist Mitglied verschiedener Formationen und kooperiert mit Künstlern aus unterschiedlichen Bereichen. Die Vielzahl seiner Aktivitäten umfasst umfangreiche Konzert-, Performance- und Ausstellungstätigkeiten in Europa, den USA, Asien und Australien sowie zahlreiche Tonträgerproduktionen.



Kontakt:

Dirk Marwedel,
Am Jägerhof 10,
D-65203 Wiesbaden,
Tel.: + 49 – (0)611/590498,
e-mail: dm.9@freenet.de


Jaap Blonk, e-mail: jablonk@planet.nl

Michael Vorfeld, e-mail: vorfeld@gmx.net